Mittwoch, 30. Juni 2010

Über das Buch

Die Kunst zu leben von Fr. Albert Maria Weiß O.Pr.; 10. Auflage; Erscheinungsjahr 1917 in der Buchdruckerei der Herderschen Verlagshandlung, Freiburg


BuchGeschichte


„Schichtet sie aufeinander!“, brüllte der Offizier irgendwo aus der Dunkelheit.
Thomas und seine Kameraden gehorchten und schichteten die Bücher wie Backsteine aufeinander. Viele waren schwerer als Backsteine und schon bald stand ihnen der Schweiß auf der Stirn. Irgendwann wurde ihnen befohlen, den Rest der Bücher einfach nur noch draufzuschmeißen. Ein anderes Regiment wurde zeitgleich damit beauftragt den Bücherberg mit Spiritus zu begießen. Sie schwangen die Kanister und Thomas und seinen Kameraden stieg der beißende Geruch in die Nase. Abscheulich!
"Anzünden!", gellte der Schrei des Oberbefehlshabers durch die allgemeine Betriebsamkeit. Vier Männer trugen Fackeln zu dem stinkenden Berg und schmissen sie auf das Papier, das sofort Feuer fing. Die Menge johlte und eine Blaskapelle fing an einen Marsch zu blasen. Die allgemeine Heiterkeit konnte auch durch den Gestank der verbrennenden Bücher nicht gedämpft werden. Thomas und seine Kameraden warfen immer weiter Bücher in die Flammen. Durch die Blaskapelle und den Jubel der Massen hörte man hin und wieder Schreie. Schwarzer Rauch und kleine Papierflitter erfüllten die Luft. Endlich gab es keine Bücher mehr, die Thomas und seine Kameraden in die Flammen hätten werfen können. Nun standen auch sie am Feuer und betrachteten ihr Werk. Angst stieg in Thomas hoch. Unbewusst trat er einige Schritte nach hinten und wäre fast über einen kleinen Gegenstand gestolpert. Ein Buch hatten sie im Dunkeln übersehen. Ein kleines unscheinbares Bändchen war den Flammen entkommen. Er steckte das Buch unauffällig in seine Uniform. Ob die Tränen in seinen Augen vom Rauch herrührten, konnte er nicht sagen.

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